Hexenjagden heute – Aufklärung und Praxis

Wo Hexenjagden aktuell vorkommen – u.a. DRC, Südafrika, Tansania, Kenia, Nigeria, Benin, Togo, Ghana, Papua-Neuguinea, Indien, Nepal – sollten ArbeiterInnen aus Forschung und Entwicklungszusammenarbeit professionell auf solche Situationen vorbereitet werden. Nicht zuletzt, weil jede Person selbst Ziel einer Anklage werden kann.

Wenn Sie oder ihre NGO/Forschungseinrichtung Hexenjagden und Hexereivorstellungen schon als konkretes Problem erlebt haben,  das Sie gezielt bearbeiten möchten, berate ich Initiativen für regional angepasste Konzeptentwürfe – inklusive Auftragsforschung, Recherche, Materialkonzeption (Poster, Filme, Storybooks, Radio). In meine Arbeit fließen 10 Jahre Forschung über (moderne) Hexenjagden ein, mehr als 150 Interviews mit Hexenjagdflüchtlingen in Nordghana, sowie umfassende Kenntnisse der Gewaltanthropologie.

Im ökonomischen und medizinischen Bereich sorgen Hexereiängste immer wieder für destruktive Auswirkungen – jüngstes Beispiel ist die Ebola-Epidemie, für die an manchen Orten überlebende Kinder verantwortlich gemacht wurden. Die Ursachen sind für Außenstehende dann oft schwer zu begreifen und werden rasch als generelle „Unfähigkeit“ zum Wandel fehlinterpretiert. Insbesondere Neid und rasche Verschiebungen von Geschlechterverhältnissen oder traditionellen Hierarchien sorgen oft für Ängste, die als Hexereianklagen artikuliert werden. In den Bereichen Medizin und Ökonomie ist in Afrika die Reflexion auf Hexereivorstellungen heute unerlässlich. Werden solche Ängste mitgedacht und, angepasst an die lokalen Erfordernisse, angesprochen, fördert dies das Gelingen von Forschung und Interventionen.

Nicht immer werden Hexereivorstellungen gewalttätig. Häufig sind die Effekte subtiler: Eine Händlerin gibt ihren Stand auf und zieht um, ein Schüler geht nicht mehr zur Schule, ein Student verwendet seine Studiengebühren für eine Behandlung bei einem witch-doctor, eine Jugendliche tritt ihr Erbe nicht an – die Angst vor Hexerei oder Hexereianklagen kann viele unberechenbare Folgen mit sich bringen, von denen die Hexenjagd nur eine ist.

Jede Hexenjagd ist anders, es gibt daher keine Universalstrategie. Die von mir zusammengestellten Szenarien aus Forschung und Geschichte bereichern aber das Repertoire an Aktionsmöglichkeiten, wenn es wirklich soweit kommt.

Von größter Bedeutung ist, die unmittelbare Aggression zu verzögern durch Mittler, Autoritäten oder Ablenkung, Sicherheit durch kurzfristige Entfernung zu schaffen, Freunde im Ort zu haben und nach der Anklage Vermittlungsinstanzen aufzusuchen.  Das gilt auch für Anklagen gegen Dritte, denen nach dem Gebot der Hilfeleistung Solidarität zusteht.

Hexenjagden lassen sich eindämmen und verhindern – es wird aber weder von selbst passieren noch ist es einfach. Die regionale Spezifik zu berücksichtigen und lokale Akteure zu rekrutieren und zu trainieren ist stets der erste Schritt zum Erfolg.

Auch in der Migrationstherapie, gelegentlich auch in der Jugend- und Polizeiarbeit, werden Hexereivorstellungen relevant: Etwa bei akuten Verhexungsängsten, bei Hexereianklagen (u.a. gegen Kinder), bei kulturspezifischen Erpressungsversuchen (Zwangsprostitution).
Gerade die Psychosomatik der Hexereivorstellungen öffnet Zugang zur einem breiten Spektrum philosophischer Reflexionen auf allgemeine Körper-Geist-Probleme. Hierzu biete ich Vorträge und Workshops speziell für die Psychotherapie und für die psychosomatische Philosophie und Theorie an.

Einen Einblick in meine ehrenamtliche Arbeit in Ghana erhalten Sie hier: www.hexenjagden.de.