Glauben alle Menschen an Hexerei?

Hexen sind das Urbild dämonisierter Elternfiguren. Alle Kinder kennen das: Der böse Papa, die böse Mama. Die da was nachts machen. Die sich heimlich treffen und verschwören gegen das Kind. Die das Kind auslachen. Die in der Küche komische Sachen kochen, Kinder am Ende. Die einen „auffressen“ spielen.
Daher spricht das Bild der Hexe, sobald einmal vergegenwärtigt, eine sehr tiefe und universale Empfindung an, der sich kaum jemand entziehen kann.
Und das ist der Grund dafür, dass die meisten Menschen keine Argumentationshilfe angeben können, warum sie nicht an Hexen glauben. Sie sagen einfach: Es ist halt so, es gibt keine Hexen. Hexereivorstellungen sind nicht logisch-inhaltlich überwunden, sondern allenfalls gesellschaftlich-kulturell. Innerlich bleibt ein Rest Angst. Selbst WissenschaftlerInnen, die auf dieses Problem gestoßen werden, stellen fest, dass sie das nicht begründen können und schreiten daher in gewisser ehrlicher Konsequenz zum Kulturalismus. Ob es Hexen gibt oder nicht ist für sie eine Sache der Kultur, nicht des Wissens. Weil sie dieses Wissen nicht haben. Leicht spüren sie ihr Unbehagen, ihre Angst: Südafrikanische Zombies, Ritualmorde, Penisdiebstahl, Kannibalismus – wer wird sich damit freiwillig befassen. Und dann wird es unangenehm für den, der an ihre „abergläubische“ Imperfektion erinnert weil er sich inhaltlich so auseinandergesetzt hat, dass er sagt: es ist überwindbar, aber es ist nicht als Abwehr zu haben, nicht als Abtun eines Aberglaubens der Anderen.
Dieser inkonsequente, projektive Kulturalismus läuft im Wesentlichen auf ein großes „Rührmichnichtan“ hinaus, das auf Afrika übertragen ist: Dass man die Hexereivorstellung der Afrikaner nicht kritisieren soll, ist eigentlich die Forderung die Hexereivorstellung der WissenschaftlerInnen nicht zu kritisieren.