Naturschutz im Garten

Mellitaea cinxia (Wegerich-Scheckenfalter) an Melampyrum arvense (Ackerwachtelweizen) im Hergstbachtal 2019. Foto: Felix Riedel.

Gärten sind Kulturbestandteil und vernachlässigter Gegenstand der Kulturforschung. Schon in meiner Kindheit las ich Gartenjournals und experimentierte mit Pflanzen im Garten meines Elternhauses. Seit dem zwölften Lebensjahr naturkundlich tätig. Ich begann, Fachliteratur zu Tagfaltern zu lesen, später kamen Libellen, Amphibien, Reptilien und allgemein ökologische Fragen hinzu. Seit über 25 Jahren halte ich mich in naturkundlichen und naturschutzfachlichen Diskursen auf und lese fast täglich naturschutzpraktische Fachliteratur, Erfahrungsberichte und Diskussionsbeiträge. Auf dem Biohof meiner Mutter und im eigenen Garten teste ich Konzepte auf ihre Tauglichkeit und kartiere seit 20 Jahren regelmäßig das Tagfalterinventar umliegender Biotope im Jagsttal. Seit 2020 bin ich Naturparkführer an meinem neuen Wohnort im Naturpark Sauerland-Rothaargebirge.
Auf meiner Facebookseite „Gartenvielfalt“ stelle ich gelegentlich Konzepte vor und informiere über vielversprechende Ansätze oder Konflikte.

Ich trete für einen wissenschaftsgeleiteten, pragmatischen und kosteneffektiven Naturschutz ein. Dabei ist die geisteswissenschaftliche Perspektive sehr hilfreich, um zu verstehen, wie ideologisch Diskussionen um Natur geführt werden, wie die bestehenden Naturkonzepte kulturgeschichtlich entstanden sind und wo sich eingreifen lässt.
Naturgärten müssen an den praktischen Interessen orientiert sein, ressourcen- und kostenneutral und nach Möglichkeit altersgerecht und kindergerecht. Daher vertrete ich wenige klassische Rezepte, die allerdings in ihrer Logik immer wieder verständlich gemacht werden müssen.
In Kürze rate ich zu:

– Steinstrukturen aus lokal vorhandenem unbedenklichem Bauschutt (asbestfreie Dachziegel, Natursteine, Ziegel) oder lokal anfallenden Natursteinen.
– Nutzung der vorhandenen Bodeneigenschaften statt Bodenaustausch.
– Nährstoffaustrag (Abmagerung/Aushagerung) ausschließlich durch Mahd statt Bodenaustausch und Sandeintrag.
– Mahd mit Sense oder Mähbalken, einschürig, idealerweise in Staffeln und so spät wie möglich im Jahr mit Belassung von Altgras-Reservoirs. Abtrag des Heus statt Mulchen.
– Naturverbrachung und Entwicklung statt Aussaat und Staudenpflanzung.
– Regional heimische Pflanzen statt „seltener“ Pflanzen ohne lokale Bedeutung.
– Flache, kleine Teiche (1x1m-5x5m) als Ruderalgewässer ohne Pumpe und ohne Erstbepflanzung statt Seerosenteiche mit Wasserspiel und Goldfischen. Nutzung von altem Spielsand oder Bausand als Teichgrund.
– Totholzstrukturen mit Augenmaß aus lokal anfallendem Totholz statt Benjeshecken. Stehendes Totholz durch Stammbelassung, Eingrabung von Stämmen oder Aufrichten von Stämmen als Totholzpyramide.
– Natürliche Heckenentwicklung durch Sukzession und Pflege statt teuren Heckenpflanzungen.
– Natürliche Sukzession statt Baumpflanzungen.
– Keine „Klimabäume“ auf Wiesen.
– Freipflegen von Felsstrukturen und anderen Extrembiotopen.
– Umgestaltung von Schotter- und Foliengärten mit intelligenter Neunutzung des vorhandenen Materials als Rindenmulchdüne oder Schotterdüne.
– Wildbienenschutz statt Honigbienen.
– systemischer, rationalistischer Naturschutz statt einzelwissenschaftlicher Fokus auf charismatische Artengruppen (Vögel, Bienen, Hummeln).
– Förderung lokal heimischer Frühblüher durch Pflege statt Krokusrasen, Tulpenmeere und Rhododendren als „Bienenweiden“.
– kulturgeschichtlich reflektierte Ästhetik mit kulturübergreifenden Elementen (z.B. Japan, England, Nahost) statt Landschaftskunst.
– Vermittlung von dynamischen Prozessen und Praktiken mit Schautafeln statt Wettbewerben um das größte Artinventar.
– Brachen und Wiesen statt Blühflächen oder „Bienenweiden“.


Für den privaten Naturgarten und größere Flächen entwerfe ich gern individuell angepasste Planvorschläge. Ich entwerfe auch ambitionierte Konzepte für den kommunalen Bedarf, Firmengelände und Gewerbeflächen. Mit bewährten Methoden aus der naturschutzfachlichen Praxis kann effizienter Artenvielfalt gesteigert werden als mit „Blühflächen“, „Bienenweiden“ und „Saatgutpäckchen“.

Ausschließlich durch Pflege entstandener und erhaltener Blütenaspekt eines Naturdenkmals im Jagsttal, 2019. Charakterart ist der Ackerwachtelweizen mit Wiesenskabiose, Wiesensalbei und Hornklee.
Foto: Felix Riedel.